Mündliche Verhandlung in Sachen „Absatzfonds der Land- und Ernährungswirtschaft“

Karlsruhe

Mündliche Verhandlung in Sachen „Absatzfonds der Land- und Ernährungswirtschaft“
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am
Mittwoch, 17. September 2008, 10:00 Uhr,
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe
eine Vorlage des Verwaltungsgerichts Köln zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Beitragspflicht zum Absatzfonds der Land- und Ernährungswirtschaft.
Die Verhandlungsgliederung finden Sie im Anhang an diese Pressemitteilung.
Der Absatzförderungsfonds der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft wurde 1969 als Anstalt des öffentlichen Rechts nach Verabschiedung des Absatzfondsgesetzes gegründet, um über eine zentrale Absatzförderung die Wettbewerbsfähigkeit und die Erlössituation der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft zu verbessern. Zur Erfüllung seiner Aufgaben bedient sich der Absatzfonds der „Centralen Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH“ (CMA) und der „Zentralen Markt- und Preisberichtstelle für Erzeugnisse der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft GmbH“ (ZMP).
Dem Absatzfonds fließen Beiträge zu, die von den Betrieben nach dem Absatzfondsgesetz erhoben werden. Die Erhebung der Beiträge erfolgt bei den sog. Flaschenhalsbetrieben. Dies sind die Betriebe an den jeweils marktengsten Stellen, die ein landwirtschaftlicher Rohstoff auf seinem Weg zum Verbraucher durchläuft, insbesondere Schlachthöfe, Molkereien, Eierpackstellen, Zuckerfabriken, Ölmühlen oder Brauereien. Die Beiträge zum Absatzfonds belaufen sich im Durchschnitt auf 0,4 Prozent des Warenwertes. Im Zeitraum von 1997 bis 2006 betrug die Gesamthöhe der jährlichen Beitragseinnahmen nach dem Absatzfondsgesetz im Mittelwert ca. 88.000.000,- Euro. Größter Beitragszahler ist die Produktgruppe „Molkereien/Milch“ mit einem jährlichen Beitragsaufkommen von ca. 33. 000.000,- Euro, also über 37 Prozent der Gesamteinnahmen.
Die durch das Absatzfondgesetz eingeführte Abgabe war bereits im Jahr 1990 Gegenstand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ( Beschluss vom 31. Mai 1990, BVerfGE 82, 159). Das Bundesverfassungsgericht sah unter den damals gegebenen Voraussetzungen das Absatzfondsgesetz nur insoweit als verfassungswidrig an, als dieses die Forstwirtschaft in das Absatzfondsgesetz und damit in den Kreis der Abgabenschuldner einbezog.
In dem der Vorlage des Verwaltungsgerichts Köln zugrunde liegenden Ausgangsverfahren wenden sich die Klägerinnen, drei Unternehmen der deutschen Ernährungswirtschaft (Mühlenunternehmen, Eierpackstelle, Geflügelschlachterei), gegen ihre Heranziehung zu Beiträgen zum Absatzfonds. Sie machen geltend, dass sich die Rechtslage durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 5. November 2002 geändert habe. Dieser hatte das bis dahin nur deutschen Produkten vorbehaltene Gütezeichen der CMA „Markenqualität aus deutschen Landen“ mit europäischem Recht für unvereinbar erklärt, weil dadurch Produkte aus anderen EU-Ländern im Wettbewerb benachteiligt würden.
Das Verwaltungsgericht Köln legte das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vor, weil es die der Beitragserhebung zugrunde liegenden Vorschriften für verfassungswidrig hält. Es erscheine in hohem Maße zweifelhaft, ob die Erhebung der Sonderabgabe im Hinblick auf ihre Zweckbestimmung noch zulässig ist. Dieser Zweck habe noch 1990 in der Stärkung und dem Schutz der deutschen Agrarwirtschaft in der Konkurrenz zu der anderer Agrarexportländer in den Europäischen Gemeinschaften bestanden. Nach Vollendung des europäischen Binnenmarktes im Bereich der Landwirtschaft stehe dieser Zweck im Widerspruch zu den Zielen eines gesamteuropäischen Marktes. Zudem bestünden erhebliche Zweifel an der Gruppenhomogenität der deutschen Landwirtschaft. Das die Abgabenschuldner verbindende Merkmal seien die Startschwierigkeiten bei dem Übergang in den gemeinsamen Markt gewesen, das nach Vollendung desselben entfallen sei. Zudem hätten die Unternehmen der Ernährungsindustrie in einer Vielzahl von Fällen den europäischen Binnenmarkt dazu genutzt, durch Kooperation mit und durch Übernahme von Marktteilnehmern aus anderen EU-Staaten ihre Absatzmöglichkeiten über den heimischen Markt hinaus zu erweitern. Schließlich sei es wegen des veränderten europarechtlichen Umfeldes nicht mehr möglich, das Aufkommen der Sonderabgabe gruppennützig zu verwenden. Das vorlegende Gericht geht hierbei von einem unlösbaren Zielkonflikt zwischen den Vorgaben des Europarechts und der gesetzlichen Aufgabendefinition des Absatzfonds aus.

Karlsruhe

Mündliche Verhandlung in Sachen „Absatzfonds der Land- und Ernährungswirtschaft“
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am
Mittwoch, 17. September 2008, 10:00 Uhr,
im Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts,
Schloßbezirk 3, 76131 Karlsruhe
eine Vorlage des Verwaltungsgerichts Köln zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Beitragspflicht zum Absatzfonds der Land- und Ernährungswirtschaft.
Die Verhandlungsgliederung finden Sie im Anhang an diese Pressemitteilung.
Der Absatzförderungsfonds der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft wurde 1969 als Anstalt des öffentlichen Rechts nach Verabschiedung des Absatzfondsgesetzes gegründet, um über eine zentrale Absatzförderung die Wettbewerbsfähigkeit und die Erlössituation der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft zu verbessern. Zur Erfüllung seiner Aufgaben bedient sich der Absatzfonds der „Centralen Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft mbH“ (CMA) und der „Zentralen Markt- und Preisberichtstelle für Erzeugnisse der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft GmbH“ (ZMP).
Dem Absatzfonds fließen Beiträge zu, die von den Betrieben nach dem Absatzfondsgesetz erhoben werden. Die Erhebung der Beiträge erfolgt bei den sog. Flaschenhalsbetrieben. Dies sind die Betriebe an den jeweils marktengsten Stellen, die ein landwirtschaftlicher Rohstoff auf seinem Weg zum Verbraucher durchläuft, insbesondere Schlachthöfe, Molkereien, Eierpackstellen, Zuckerfabriken, Ölmühlen oder Brauereien. Die Beiträge zum Absatzfonds belaufen sich im Durchschnitt auf 0,4 Prozent des Warenwertes. Im Zeitraum von 1997 bis 2006 betrug die Gesamthöhe der jährlichen Beitragseinnahmen nach dem Absatzfondsgesetz im Mittelwert ca. 88.000.000,- Euro. Größter Beitragszahler ist die Produktgruppe „Molkereien/Milch“ mit einem jährlichen Beitragsaufkommen von ca. 33. 000.000,- Euro, also über 37 Prozent der Gesamteinnahmen.
Die durch das Absatzfondgesetz eingeführte Abgabe war bereits im Jahr 1990 Gegenstand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ( Beschluss vom 31. Mai 1990, BVerfGE 82, 159). Das Bundesverfassungsgericht sah unter den damals gegebenen Voraussetzungen das Absatzfondsgesetz nur insoweit als verfassungswidrig an, als dieses die Forstwirtschaft in das Absatzfondsgesetz und damit in den Kreis der Abgabenschuldner einbezog.
In dem der Vorlage des Verwaltungsgerichts Köln zugrunde liegenden Ausgangsverfahren wenden sich die Klägerinnen, drei Unternehmen der deutschen Ernährungswirtschaft (Mühlenunternehmen, Eierpackstelle, Geflügelschlachterei), gegen ihre Heranziehung zu Beiträgen zum Absatzfonds. Sie machen geltend, dass sich die Rechtslage durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 5. November 2002 geändert habe. Dieser hatte das bis dahin nur deutschen Produkten vorbehaltene Gütezeichen der CMA „Markenqualität aus deutschen Landen“ mit europäischem Recht für unvereinbar erklärt, weil dadurch Produkte aus anderen EU-Ländern im Wettbewerb benachteiligt würden.
Das Verwaltungsgericht Köln legte das Verfahren dem Bundesverfassungsgericht vor, weil es die der Beitragserhebung zugrunde liegenden Vorschriften für verfassungswidrig hält. Es erscheine in hohem Maße zweifelhaft, ob die Erhebung der Sonderabgabe im Hinblick auf ihre Zweckbestimmung noch zulässig ist. Dieser Zweck habe noch 1990 in der Stärkung und dem Schutz der deutschen Agrarwirtschaft in der Konkurrenz zu der anderer Agrarexportländer in den Europäischen Gemeinschaften bestanden. Nach Vollendung des europäischen Binnenmarktes im Bereich der Landwirtschaft stehe dieser Zweck im Widerspruch zu den Zielen eines gesamteuropäischen Marktes. Zudem bestünden erhebliche Zweifel an der Gruppenhomogenität der deutschen Landwirtschaft. Das die Abgabenschuldner verbindende Merkmal seien die Startschwierigkeiten bei dem Übergang in den gemeinsamen Markt gewesen, das nach Vollendung desselben entfallen sei. Zudem hätten die Unternehmen der Ernährungsindustrie in einer Vielzahl von Fällen den europäischen Binnenmarkt dazu genutzt, durch Kooperation mit und durch Übernahme von Marktteilnehmern aus anderen EU-Staaten ihre Absatzmöglichkeiten über den heimischen Markt hinaus zu erweitern. Schließlich sei es wegen des veränderten europarechtlichen Umfeldes nicht mehr möglich, das Aufkommen der Sonderabgabe gruppennützig zu verwenden. Das vorlegende Gericht geht hierbei von einem unlösbaren Zielkonflikt zwischen den Vorgaben des Europarechts und der gesetzlichen Aufgabendefinition des Absatzfonds aus.